Die Community hat einen verdienten Aktivisten verloren.
Am Donnerstag, den 15. April starb Christian Pulz im Alter von 76 Jahren in Berlin.
Geboren wurde Christian Pulz am 14. Dezember 1944 in der sächsischen Stadt Plauen.
Sein Leben führe ihn schnell in das Umfeld der Kirche in der DDR. Dort entwickelte er sich zum Aktivisten für Friedens-, Umwelt- und Menschenrechte. Nach dem Dienst in verschiedenen Bereichen der Kirche und einem theologischem Seminar in Leipzig, schlug er erst einmal eine Ausbildung zum Buchhändler ein.
Ab 1982 war er für den ersten Arbeitskreis Homosexualität in der Kirche der DDR, den er auch mitgegründet hat, tätig. Die ersten Treffen fanden im privaten Raum statt und waren immer wieder Ziel einer Überwachung der Staatssicherheit.
Im selben Jahr zog Christian Pulz nach Berlin, wo er auch einen Schwulenkreis gründete.
Räume für ein Treffen fand er in der Samaritergemeinde im Jahr 1983. Auch diese Gruppe wurde von der Staatssicherheit überwacht und bei verschiedenen Aktionen schikaniert und gehindert.
In Berlin organisierte Pulz am 21. Mai 1983 den ersten Christopher Street Day in der DDR. Bei dem Treffen in der Gedenkstätte Sachsenhausen beteiligten sich 13 Personen, die kurzzeitig von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit behindert wurden. Es war der erste bekannte Gedenkakt in der DDR durch einzelne Schwule und Lesben an die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus
Sehr verdient hat er sich auch in der Zeit nach der Wende gemacht für die Community.
Pulz war von 1990 bis 1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen sowie verantwortlich für die Minderheiten- und Schwulenpolitik In dieser Zeit studierte er Sozialpädagogik.
Als Ansprechpartner für queere Gruppen hat er sich auch einen Namen gemacht. Viele Vereine die damals die Wende erlebt haben und heute noch existieren, haben sich über Christian Pulz vernetzt.
Er hat dafür gesorgt, dass Projektanträge bearbeitet wurden und durchgingen.
So hat Christian Pulz auch das Jugendnetzwerk Lambda sehr unterstüzt.
Die Zusammenarbeit nahm oft schon eine sehr außergewöhnliche Form an. Der damalige Geschätsführer des JNW Lambda, Ralf H., versuchte oft den Kontakt in den Senat zu Christian Pulz herzustellen. Als einziger namhafter Ansprechpartner für homosexuelle Belange, leider jedoch oft vergebens.
Was Ralf Hose jedoch nicht wusste war, dass Christian Pulz gerne mal ein Bier im Stillen Don trank oder auch am Mächenbrunnen den Abend verbrachte.
Ich war an den gleichen Orten und kannte Christian Pulz auch. Irgendwann kam auch der Moment, wo man Briefe und Projektanfragen nicht in die Post warf, sondern mir mit gab, damit ich diese Christian Pulz gebe.
Im Mai 1990 lernten Christian Pulz und ich uns am Mächenbrunnen kennen als ich zusammen mit meinem Freund eine queere Zeitung verkaufte.
Die Andere Welt war eine queere Zeitung die am Ende der DDR entstanden war und sogar heute noch als Webseite existiert.
Christian Pulz hat sich sehr verdient gemacht an der queeren Community in Berlin. Viele Initiativen die heute noch existieren, wurden durch die politische Arbeit und Vernetzung von Christian Pulz unterstützt.
Persönlich möchte ich mich für die manchmal intensiven Gespräche bedanken, die an so außergewönlichen Orten wie dem Märchenbrunnen stattfanden und für die Unterstützung der queeren Vereine in Ost-Berlin.
Lebewohl Christian Pulz
Andreas
Christian Pulz 2011 in der rbb-Doku "DDR unterm Regenbogen" (Bild: rbb)